Was ist los, Petrus?
Die Feen und Elfen aus dem Zauberwald saßen ratlos und traurig vor ihrem Zauberschlösschen.
Wieder einmal hatte ein nicht enden wollender Regen ihren Garten mit den Zauberblumen und den heilenden Kräutern total überflutet.
Sogar die Kellerräume des Schlosses waren voll gelaufen, und mit ihren zarten Händchen mussten sie Eimer mit schmutzigem Wasser aus dem Keller tragen.
Nun saßen sie ganz traurig auf der Gartenbank und schauten sich ratlos an.
„Ich verstehe das nicht“, sagte Deta, die Fee für die Träume, „wir kennen Petrus doch schon unser ganzes Leben lang, und ich glaube einfach, dass dort oben etwas nicht stimmt“.
„Vielleicht ist er ja krank geworden“, sagte Meta, die Fee für glückliche Tage. „So kennen wir unseren Petrus doch gar nicht, oder was meint ihr anderen?“
Rena, die Fee die sich um alle Kinder kümmerte, hob ihr Köpfchen mit den zarten blonden Löckchen. „Nein, ihr habt Recht, irgendetwas stimmt da nicht.“ Sorgenvoll zog sie ihre Stirn in Falten.
„Es ist alles so anders geworden“, flüsterte Lena, eine der zarten Elfen mit ihrer sanften Stimme. „Ich mache mir auch große Sorgen um den alten Mann.“
Sina, die Fee für die Blumen, stand auf und sagte: „Was können wir tun, was sollen wir machen? Ich glaube, wir müssen unbedingt etwas unternehmen!“ Entschlossen schaute sie die anderen an.
„Du hast Recht“, sagte Deta, „wir müssen etwas unternehmen, und ich habe auch schon eine Idee“.
Neugierig erhoben sich die Köpfe aller Feen und Elfen, und schauten Deta erwartungsvoll an.
„Ich werde unseren Ballon herrichten für einen Flug nach oben zu den Wolken, zu Petrus Wolkenschloss. In zwei Nächten ist Vollmond, dann kann man sich an einem langen, goldenen Mondstrahl nach oben ziehen“, sagte Deta sehr entschlossen.
Es entstand große Aufregung in der zarten Elfengruppe.
„Oh, Deta, das ist aber ein sehr, sehr weiter Weg nach oben, meinst du denn, das kannst du schaffen?“ Alle Feen und Elfen machten sehr besorgte Gesichter und schauten Deta sorgenvoll an.
„Eine von euch wird mich begleiten müssen, denn ganz alleine traue ich mich nicht zu fliegen“, sagte Deta mit kummervollem Gesicht. „Aber wir würden uns ewige Vorwürfe machen, wenn dort oben etwas Schlimmes passiert sein sollte, und wir hätten nicht versicht zu helfen“.
„Du hast Recht“, sagte Meta entschlossen, „ich werde dich begleiten, und der liebe Gott wird schon auf uns achten“.
Mit vereinten Kräften holten sie den großen Ballon aus dem Schuppen. Er musste natürlich noch gründlich von Staub und Spinnenweben befreit werden. Auch sehr viel Luft musste nachgefüllt werden, damit der Ballon für die weite Reise gerüstet war.
Sie packten einen Korb zusammen mit einem Gläschen Feenstaub und einigen Fläschchen mit wundersamen Elixieren und heilenden Kräutern, falls Petrus wirklich krank sein sollte.
Deta und Meta packten auch warme Umhänge und Mützchen zusammen, denn unterwegs und auch dort oben würde es empfindlich kalt werden.
Jetzt mussten sie nur noch auf die Vollmondnacht warten, und dann konnte es los gehen.
Endlich war es soweit, der Ballon stand startbereit im Garten des Zauberschlosses, und der große goldene Vollmond stieg am Himmel im höher und höher.
Aufgeregt standen alle Feen und Elfen um den Ballon herum, und Deta und Meta wurden noch mit vielen Segenswünschen und liebevollen Zaubersprüchen bedacht, bevor sie auf die Leiter kletterten, um in den Korb des Ballons zu steigen.
„Wartet, wartet, ich komme auch noch mit“, erklang die Stimme von Sina, der zarten Elfe. Sie hatte in Windeseile ein kleines Körbchen gepackt und sich in einen warmen Umhang gehüllt.
„Vielleicht könnt ihr meine Hilfe ja noch gut gebrauchen“, sagte sie, ein wenig atemlos vom schnellen Laufen. „Hier in meinem Korb habe ich noch einen Schal aus Feenseide, damit kann man Kummer, aber auch Schmerzen behandeln“.
Schnell kletterten ihre kleinen Füße die Leiter empor. Sie kuschelte sich eng an Meta und Deta, und ihre blauen Augen funkelten etwas verräterisch nach Tränen.
Der Mond stand jetzt hoch am Himmel und schickte einen langen und sehr goldenen Strahl genau in den Garten des Zauberschlosses.
„Machts gut ihr alle“, riefen Deta, Meta und die kleine Sina, bevor sie mit ihren Händen nach dem Mondstrahl griffen, und sich ganz langsam an ihm nach oben zogen.
Immer weiter entschwand der Ballon den Blicken der Feen und Elfen, die zurück geblieben waren.
Sie winkten, bis ihnen die Arme schmerzten und bis von dem Ballon nichts mehr zu sehen war.
Nur ganz langsam senkte sich im Korb des Ballons die Aufregung, und Deta, Meta und Sina genossen einen herrlichen Flug an watteweichen Wolkengebilden und golden glänzenden Sternen vorbei.
Es konnte nicht mehr weit sein, bis zum Wolkenschloss in dem Petrus lebte. Was würde sie wohl erwarten?
Die Beiden Feen und die kleine Elfe hofften, dass es Petrus, trotz all ihrer Sorgen um ihn, gut gehen würde.
Hinter einem großen Berg von Wolken tauchte ganz verschwommen das Wolkenschloss auf, und ganz langsam und ganz sacht landete der Ballon auf einer weichen Wolke, genau vor dem großen Portal des Wolkenschlosses.
Deta, Meta und Sina griffen nach ihren Körben und zogen sich die warmen Umhänge fester um den Körper. Vorsichtig und langsam verließen sie den Korb und kletterten die Leiter hinab, bevor sie langsam auf das große Portal zugingen. Dann stiegen sie langsam die Treppen zum Eingang hinauf.
Das große Tor öffnete sich lautlos und die drei betraten leise und vorsichtig die große Eingangshalle.
Es brannte auch überall Licht, aber von Petrus war nichts zu sehen und man hörte keinen Laut.
„Oh nein, wo mag er nur stecken? Hoffentlich geht es ihm gut“, flüsterte Meta sehr besorgt.
Deta konnte die Spannung nicht mehr ertragen, „Petrus, Petrus, wo steckst du?“ rief sie so laut sie nur konnte.
Erst hörte man weiterhin gar nichts, aber dann kamen doch ganz langsame Schritte die Treppe hinunter.
Wie erstarrt warteten die die drei aufgeregten Feen. Was würde nun wohl geschehen?
Die Schritte kamen näher und Petrus erschien. „Gott sei Dank“ ging es den Dreien durch den Kopf.
„Ja, wen haben wir denn da? Wer besucht mich denn da?“ hörte man die Stimme von Petrus. „Das ist aber wirklich sehr schön, dass ihr mich alten Zausel einmal besuchen kommt hier in meinem einsamen Schloss“.
Voller Freude schloss Petrus die Drei in seine großen breiten Arme, man merkte, wie sehr er sich freute.
„Wir haben uns große Sorgen um dich gemacht, Petrus“, sagte Meta, „das Wetter ist so eigenartig in der letzten Zeit, so ganz anders wie sonst, dass wir schon dachten, du seiest krank geworden“.
Sofort wurde Petrus Gesicht schrecklich traurig, „ach ja, das Wetter“, sagte er ganz bekümmert. „ich bin froh, dass ihr einmal vorbei kommt, denn ich weiß gar nicht mehr was ich machen soll“.
Man sah ihm an wie verzweifelt er war, und wenn es nicht Petrus gewesen wäre, hätte man tatsächlich denken können, dass der alte Mann jeden Augenblick in Tränen ausbrechen würde.
Meta, Deta und Sina schauten recht hilflos auf Petrus, er schien wirklich sehr verzweifelt zu sein. Sie hofften, dass sie ihm irgendwie helfen könnten.
„Kommt einmal mit ihr Drei“, sagte Petrus jetzt, „ich will euch zeigen, was passiert ist. Er wendete sich wieder zur Treppe und stieg sie langsam hinauf, und Deta, Meta und Sina folgten im.
Sie betraten eine große Halle, und dort stand etwas, was auch den Feen vollkommen fremd war. „Was soll denn dieses blinkende Ding hier sein, Petrus?“ fragte Deta etwas zweifelnd.
„Ja, was soll das sein, das frage ich mich auch die ganze Zeit“, sagte Petrus sehr brummig. „Vor einiger Zeit kamen zwei himmlische Handwerker zu mir. Sie hatten den Auftrag, mir meine schwere Arbeit etwas zu erleichtern, weil ich doch schon so alt sei, sagten sie“. Petrus strich sich mit seinen Händen durch den langen weißen Bart. „Natürlich bin ich alt, aber jetzt bin ich alt und hilflos“ schimpfte er.
Deta, Meta und Sina schauten weiter erwartungsvoll auf Petrus, damit er ihnen erklären konnte, was es mit diesem blinkenden Teil auf sich hatte.
„Als diese Arbeiter hier waren, entfernten sie zuerst meinen großen alten Schieber, mit dem ich den Wind einstellen konnte, und auch die große Kurbel, mit der ich den Regen anstellen konnte. Zugegeben, die Kurbel und der Schieber waren manchmal schon schwer, aber ich wusste doch immer, was ich damit machen musste“. Petrus seufzte schwer.
„Zuletzt entfernten sie noch den Schalter für den Sonnenschein, meinen geliebten roten Schalter, den ich oft ölen musste, weil er manchmal klemmte. Aber mit allen diesen Dingen kannte ich mich doch aus, ich wusste ganz genau, was ich damit machen musste“.
Jetzt setzte sich Petrus auf den großen Stuhl, schaute auf seine Besucherinnen und erzählte weiter.
„Als die Arbeiter die alten Dinge ausgebaut hatten, schleppten sie diesen Kasten hier herein. Sie sagten das Ding nennt man Computer, und er mache alles digital und viel leichter für mich“. Petrus schüttelte das weißhaarige Haupt, „ nichts ist leichter für mich, ich kann mit diesem dummen Ding einfach nichts anfangen, er macht einfach was er will und nicht, was ich will“.
„Ach du liebe Zeit, Petrus, das ist ja wirklich schrecklich“, sagte Deta ganz entsetzt. „haben sie dir denn gar nicht gezeigt, wie du mit diesem Ding umgehen sollst?“ Sie schüttelte den Kopf.
„Eine Liste haben sie mir hier gelassen, da stände alles drauf, haben sie gesagt“, sagte Petrus, „aber aus dieser Liste kann wirklich niemand schlau werden“, sagte der alte Mann ganz verzweifelt. „Wenn ich irgendwo auf einen Knopf drücke, dann passiert unten etwas Schreckliches, und ich kann es nicht mehr abstellen“.
„Jetzt verstehe ich auch den nicht enden wollenden Regen, der alles überschwemmt, und auch die schreckliche Hitze, die alles verbrennt“, sagte Meta mit einem Kopfschütteln, „und die verheerenden Stürme, denen all die Bäume zum Opfer fallen.
„Ich verstehe nur nicht, warum man dir so ein blinkendes Teil hier hin stellt, und dir nicht jemanden zur Seite stellt, der dir hilft, damit das Wetter zu machen“. Meta war zornig, das merkte man an ihrer etwas erhobenen Stimme.
Die Vier setzten sich zusammen an den großen runden Tisch und sie beratschlagten, was man denn jetzt tun konnte. Denn es musste etwas geschehen, das war allen klar.
Deta war sehr schweigsam, und man merkte, dass sie über irgendetwas nachdachte.
Aber jetzt richtete sie sich energisch auf, „ich glaube, ich weiß einen Rat“, sagte sie jetzt, in der Nachbarschaft von unseren Zauberwald befindet sich der Zwergenwald, und dort gibt es eine Zauberschule für junge talentierte Zauberlehrlinge. Wir werden morgen wieder zur Erde zurück fliegen und ich werde bei den Zwergen einen Besuch machen. Bestimmt leiden sie auch unter dem Wetter.“
Jetzt machte Deta einen sehr entschlossenen Eindruck. „Bestimmt gibt es unter den jungen Zauberlehrlingen jemanden, der sich an dieses blinkende Ungeheuer heran wagt, und dir helfen kann, damit das Wetter wieder besser wird“.
Über Petrus Gesicht huschte ein Lächeln, „ja, das macht mir wieder Mut, jetzt habe ich auch wieder ein wenig Hoffnung“.
Er streichelte Deta über das Gesichtchen, „eine gute Idee hattest du da, meine Kleine“.
Als die Nacht herein brach und der Mond wieder aufging, machten sich Deta, Meta und Sina wieder auf den Heimweg zum Zauberwald. Sie verabschiedeten sich von Petrus, „du wirst sehen, jetzt bekommst du bald Hilfe, mache dir nicht mehr so viele Sorgen, hast du gehört?“
„Ich bin so froh, dass ihr gekommen seid. Kommt nur sicher wieder zur Erde zurück ihr Drei“, er nahm sie alle einmal feste in den Arm, bevor sie wieder den Ballon bestiegen.
Mit dem nächsten goldenen Mondstrahl setzte sich der Ballon in Bewegung und glitt sanft und langsam zurück zur Erde.
Petrus schaute ihnen hinterher, bis er den Ballon nicht mehr sehen konnte.
„Jetzt warte ich ganz geduldig auf die Zauberlehrlinge, damit unser Wetter wieder besser wird“, dachte er.